Die Geburt deines Kindes, der vermeintlich schönste Moment des Lebens – das ist er leider nicht für alle Frauen. Für einige schwangere Menschen oder frischgebackene Mütter ist die Zeit kurz vor oder nach der Geburt eine Qual.
Als Wochenbett, auch Kindbett genannt, bezeichnet man die Nachgeburtsphase der Frau. Also die Zeit nach der Entbindung bis zur Rückbildung der schwangerschafts- und geburtsbedingten Veränderungen. Die Rückbildung dauert die ersten sechs bis acht Wochen an. In dieser Zeit sollen sich Mütter im Bett oder auf der Couch ausruhen, um ihre geschwächte Muskulatur zu entlasten.
Die ständige Betreuung eines Neugeborenen bedeutet für eine Mutter häufig wenig Schlaf, fehlende Zweisamkeit mit dem Partner und häufig auch eine erste Überforderung. Neben den meist großen Glücksgefühlen, ist also der Wechsel zwischen Stimmungsschwankungen und Reizbarkeit ganz normal. In der Regel ist diese Phase auch nur vorübergehend, bis sich der Alltag mit Baby eingespielt hat.
Wird die gedrückte Stimmung jedoch zur Depression, kann sie das Verhältnis zum Kind sehr belasten.
Symptome und erste Anzeichen einer Wochenbettdepression
Die Symptome einer Wochenbettdepression, auch bekannt als postpartale oder postnatale Depression (PPD), treten bei den betroffenen Müttern in den ersten zwölf Monaten nach der Geburt auf. Bei den meisten Frauen setzen die Beschwerden jedoch bereits in den ersten drei Monaten nach der Geburt ein. Depressionen sind während der Schwangerschaft oder nach der Geburt leider keine Seltenheit und eine ernstzunehmende Krankheit.
Du empfindest starke Schuldgefühle gegenüber deinem Baby, die sich in Niedergeschlagenheit und Antriebsmangel ausdrücken. (Depression Link)
Diese Symptome halten bei den meisten Frauen nur über wenige Monate an, können jedoch auch länger andauern oder wiederkehren.
Erste Anzeichen, wie Schlaflosigkeit, Gewichtsverlust und Appetitstörungen, sind hingegen ganz normal und können, auch unabhängig von einer Depression, im ersten Jahr nach einer Geburt auftreten.
Unterschieden werden muss außerdem zwischen dem sogenannten “Babyblues”, der häufigsten und leichtesten Form einer depressiven Verstimmung, und der Wochenbettdepression. Von ersterem sind etwa die Hälfte aller Mütter betroffen. Er äußert sich durch starke Stimmungsschwankungen in den ersten Tagen nach der Geburt, klingt aber nach spätestens 2 Wochen wieder ab. Wichtig ist dann bei anhaltenden Symptomen eine Wochenbettdepression schnell zu erkennen oder auszuschließen.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen für eine postpartale Depression sind zwar vielfältig, fallen jedoch alle auf ähnliche Faktoren zurück. Sie wird unter anderem häufiger ausgelöst, wenn die Mutter vor der Schwangerschaft bereits an Angststörungen oder Depressionen gelitten hat. Auch Stress und psychisch belastende Erlebnisse, wie häusliche Gewalt oder eine unglückliche Beziehung bzw. wenig soziale Unterstützung während der Schwangerschaft und nach der Geburt, können eine Depression auslösen.
Eine weit weniger bekannte Ursache ist die sogenannte Postpartum-Thyreoiditis, also eine vorübergehende Schilddrüsenentzündung, die wenige Wochen nach der Geburt bei der Mutter auftritt.
Für eine sichere Diagnose solltest du ein ausführliches Gespräch mit deinem:r Haus- oder Frauenarzt:ärztin suchen. Dazu wird meist ein speziell vorgefertigter Fragebogen mit Aussagen zur Selbsteinschätzung und eine umfangreiche Untersuchung zum Ausschluss anderer Erkrankungen herangezogen.
Auswirkungen und Folgen
Eine Wochenbettdepression ist in den meisten Fällen sehr belastend und kann sich negativ auf die Mutter-Kind-Beziehung auswirken, die gerade in den ersten Wochen nach der Geburt gefestigt werden sollte. Bindungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten beim Säugling können hier die Folge sein.
Betroffene Mütter haben oft Schwierigkeiten, den Alltag mit Kind und elterliche Aufgaben, zu bewältigen.
Manche Mütter plagt ein Zwangsgedanke, ihrem Kind zu schaden, auch wenn die meisten dies nie tun würden. Dies kann soweit gehen, dass sie sich z.B. nicht mehr trauen, ihr Kind alleine zu baden. In seltenen Fällen kommt es sogar zu Suizidgedanken oder Selbstmord. Für Frauen, die bereits unter einer manisch-depressiven Erkrankung (bipolare Störung) leiden bzw. litten, besteht ein erhöhtes Risiko an einer Wochenbettpsychose (postpartale Psychose) zu erkranken. In diesem Fall ist psychiatrische Hilfe unerlässlich.
Generell ist es in jedem Falle ratsam, sich psychologische oder psychiatrische Hilfe zu holen und sich jemandem in deinem privaten Umfeld mitzuteilen, wenn du unter Stress oder deinen Ängsten leidest.
Behandlung und Prävention
Die Behandlung einer Wochenbettdepression ist mit der richtigen Unterstützung und guter Prognose in jeden Fall möglich. Spaziergänge und leichte Bewegung können bereits in der ersten Zeit nach der Entbindung depressive Beschwerden lindern.
Suche dir professionelle Hilfen von Hausärzten, gynäkologischen oder psychotherapeutischen Ärzten oder auch bei einer Schwangerschaftsberatungsstelle.
Oft empfinden die betroffenen Mütter große Scham, sich nicht richtig um ihr Neugeborenes kümmern zu können oder es nicht genug zu lieben. Trotzdem solltest du dich an Hilfestellen, Freunde und Familienmitgliedern wenden, um die Unterstützung zu erhalten, die du brauchst.
Wichtig ist, dass während der Schwangerschaft vom Umfeld erste Anzeichen von Schwierigkeiten erkannt werden. Um zu verhindern, dass du in eine postpartale Depression verfällst, könnte so bereits während der Schwangerschaft eine psychosoziale und psychologische Unterstützung eingeleitet werden. Außerdem können dich Hebammen oder speziell ausgebildete Pflegekräfte auf die Zeit nach der Geburt mit ihrem professionellen Wissen vorbereiten. Auch nach der Geburt ist eine psychotherapeutische Behandlung bei depressiven Schüben hilfreich. Zudem gibt es bestimmte Unterstützungsprogramme, wie z.B. “Frühe Hilfen”, die Frauen mit erhöhtem Risiko während erster Anzeichen einer Wochenbettdepression unterstützen. Frauen, die Angst haben, nach der Geburt des zweiten Kindes erneut depressiv zu werden, sollten dem durch ärztliche Begleitung und gute Unterstützung des Umfeldes unbedingt vorbeugen.
Mit einem Neugeborenen kommt ein neuer Alltag, ein neues Leben und eine anspruchsvolle Aufgabe auf dich zu. Du kannst das Muttersein vorab nicht lernen, deshalb mach dir keine Vorwürfe, wenn mal etwas nicht so funktioniert, wie du es dir vorgestellt hast. Niemand muss sich für eine psychische Erkrankung schämen.